20.10.2025

PD Dr. med. Barbara Andrassy-Rantner wechselt als neue Expertin für Carotis-Stenosen ans TUM Klinikum

Pro Jahr erleiden fast 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall – die dritthäufigste Todesursache und häufigster Grund für bleibende Behinderungen im Erwachsenenalter. Ein wichtiger Risikofaktor für einen Schlaganfall sind Verengungen der Halsschlagadern (Carotis-Stenose). Über besonders große Expertise in der Diagnose und Therapie dieser Erkrankung verfügt Privatdozentin Dr. Barbara Andrassy-Rantner (47), die kürzlich ans TUM Klinikum gewechselt ist und nun neue stellvertretende Direktorin der Klinik und Poliklinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie (Direktorin: Prof. Dr. Dr. Daniela Branzan) ist. Als Koordinatorin der AWMF-S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie zur Therapie der Carotis-Stenose tritt Dr. Rantner auch in die Nachfolge des im vergangenen Jahr verstorbenen, ehemaligen Klinikdirektors Prof. Hans-Henning Eckstein.
Auf der Diagnose und Therapie von Carotis-Stenosen, also Verengungen der Halsschlagadern, liegt ein besonderer Schwerpunkt von Dr. Rantner. „Bei der Behandlung der Carotis-Stenose geht es immer um die Prävention eines Schlaganfalls“, erklärt sie. Ein solcher entsteht, wenn sich Teile von Ablagerungen (Plaques) aus den Gefäßwänden lösen, mit dem Blutstrom ins Gehirn gespült werden und dort Gefäße verschließen. Bereiche, die von den betroffenen Gefäßen versorgt wurden, werden dann nicht mehr richtig oder gar nicht mehr durchblutet – und können als Folge davon absterben. Ein Schlaganfall sei daher nach wie vor der häufigste Grund für Behinderungen und auch Pflegebedürftigkeit bei älteren Menschen – „und dies trotz intensivierter Bemühungen wie dem Ausbau von Stroke Units.“
PD Dr. Rantner

 

Wann die operative einer medikamentösen Therapie überlegen ist

Auch die medikamentöse Therapie habe sich in den vergangenen Jahren stark verbessert, sagt Dr. Rantner. Durch eine individuelle, optimal angepasste Kombination von Arzneien wie etwa Blutverdünner, Blutdruck- und Cholesterinsenker sowie ggf. Diabetes-Medikamente lässt sich das Schlaganfall-Risiko bei verengten Halsschlagadern im natürlichen Verlauf deutlich verringern. Umso höher sei heute dadurch der Anspruch an invasive Verfahren wie der Entfernung von Gefäßablagerungen (Carotis-Operation) und dem Einsetzen von Stents: Hier gelte es, Patientinnen und Patienten zu erkennen, denen ein chirurgischer Eingriff mehr nützt als eine medikamentöse Therapie.

Klar ist weiterhin, dass bei Personen, die bereits neurologische Symptome hatten, rasch eine Behandlung an der Halsschlagader notwendig ist. Anzeichen, die für einen Schlaganfall sprechen sind beispielsweise Lähmungen und Taubheitsgefühle in einem Arm, einer Hand oder auch im Bein, manchmal auch Seh- und Sprachstörungen sowie Schwindel. Bei solchen Beschwerden sollte sofort der Notruf 112 gewählt bzw. eine Notaufnahme mit Stroke Unit aufgesucht werden. Denn um Hirngewebe vor dem Absterben zu bewahren, zählt bei einem Schlaganfall jede Minute. Oder, wie Dr. Rantner es ausdrückt: „Time is brain“, Zeit ist Hirn also. Sie forscht zudem daran, schon an der Beschaffenheit der Gefäßplaques zu erkennen, ob diese dazu neigten, sich zu lösen: „Die detaillierte Analyse zur Beschaffenheit eines Carotis-Plaques verrät sehr viel über Stabilität und Schlaganfallrisiko und hilft uns dabei, ein optimales Behandlungskonzept für Betroffene anzubieten.“

Vorsitzende der Kommission der europäischen Leitlinie zur Carotis-Stenose

Dank ihrer großen Erfahrung und Forschungsleistung auf diesem Feld arbeitet Dr. Rantner bereits seit 2012 an der S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie zur Behandlung der extrakraniellen Carotis-Stenose mit und ist seit 2024 Vorsitzende dieser Leitlinien-Kommission. Kürzlich folgte zudem die Berufung zur Vorsitzenden der Leitlinien-Kommission der Europäischen Gesellschaft für Gefäßchirurgie (ESVS). Denn diese Kommission ist damit betraut, bis 2027 europaweit gültige, neue Leitlinien zur Behandlung der Arteria carotis und Arteria vertebralis zu erstellen. Seit Januar 2022 ist sie zudem Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie als Vertreterin der Oberärztinnen und -ärzte sowie der Stationsärztinnen und -ärzte. 

Ihre medizinische Laufbahn hatte Dr. Rantner im österreichischen Innsbruck, ihrem Geburtsort, begonnen. Hier studierte sie an der Leopold-Franzens-Universität Medizin und promovierte 2002 zum Doktor der gesamten Heilkunde. Bis 2018 forschte sie zu Risikofaktoren von Gefäßerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und des Gehirns bei Menschen mit Gefäßverengungen an Beinschlagadern (CAVASIC Study), worüber sie auch den PhD (Doctor of Philosophy) erlangte. Nach dem Facharztdiplom in Chirurgie (2010) und Gefäßchirurgie (2011) folgte 2014 die Habilitation an der Medizinischen Universität Innsbruck. Erfahrung in leitender Funktion konnte Dr. Rantner bereits in ihrer Zeit in Österreich sammeln: Vor ihrem Wechsel nach München war sie ab 2011 zunächst Oberärztin und von 2013 bis 2018 Stellvertretende Direktorin der Universitätsklinik für Gefäßchirurgie in Innsbruck. Zuletzt arbeitete Dr. Rantner seit 2018 als Leitende Oberärztin am LMU Klinikum in Großhadern.  

„Wir freuen uns sehr, Frau Rantner bei uns willkommen zu heißen“, sagt Klinikdirektorin Prof. Dr. Dr. Daniela Branzan. „Ihre Expertise und frische Perspektive bereichern unser Team und stärken unsere Kompetenz in der Patientenversorgung. Gemeinsam freuen wir uns auf spannende Projekte und eine erfolgreiche Zusammenarbeit.“

1) Quelle: Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
2) Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF)